Ich freue mich außerordentlich über die Entscheidung von Gero Hellmuth mit seiner Ausstellung HIOB nach Stettin und damit in den nördlichen Teil Polens zu kommen. Wie Sie sehen werden, ist es keine herkömmliche Ausstellung, sondern im wahrsten Sinne des Wortes auch eine Botschaft. Ein Aufruf an uns zu mehr Engagement für den Frieden, die Freiheit, die Demokratie und die Völkerverständigung. Wir dürfen diese Werte nämlich nie fahrlässig als eine Selbstverständlichkeit betrachten. Stattdessen müssen wir uns jeden Tag in unserem Leben bewusst darum bemühen. Damit befasst sich die Ausstellung, für die ich gerne die Schirmherrschaft übernommen habe.

Der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss, sagte einst: „Mit Politik kann man keine Kultur machen, aber vielleicht kann man mit Kultur Politik machen“. Die Vermutung war bemerkenswert und sie ist richtig. Politiker haben sich in der Vergangenheit immer wieder für den Krieg entschieden, anstatt mit Kultur Politik zu machen. Die Konsequenzen waren immer verheerend, das Leid der Menschen unermesslich. Deutschland hat in seiner Vergangenheit leider viele solcher Schreckenserfahrungen selbst hervorgerufen und dabei schwere Schuld auf sich geladen. Gerade Polen musste eine äußerst schmerzliche erste Hälfte des 20. Jahrhunderts erleiden, um danach für fast die gesamte zweite Hälfte in Unfreiheit zu verfallen. Es wäre daher eigentlich verständlich, wenn die Nachkommen dieser traumatisierten Generationen die Tür zu einer Freundschaft zu Deutschen schließen würden.

Glücklicherweise kam es nicht dazu. Mit Mut, Hoffnung und Glauben haben weitsichtige Menschen in Polen und in Deutschland der gesamten Welt gezeigt, dass jeder Konflikt überwunden werden kann, dass Aussöhnung immer eine Möglichkeit ist, genauso wie das Umkehren vom falschen Weg, das Einsehen der eigenen Schuld und die Bitte um Vergebung.Vor fast 30 Jahren wurde eine neue Epoche im deutschpolnischen Zusammenleben eingeläutet. Die Erfahrung dieser Zeit entlarvt jene Thesen als Lüge, wonach Polen und Deutschland aus irgendwelchen (oft erfundenen) Gründen zu gegenseitiger Abneigung, Distanz oder Argwohn verurteilt wären. Heute wissen wir, dass andere deutsch-polnische Beziehungen möglich sind. Wir alle sind davon Zeugen. Diese Erfahrung wird fortgelten als unwiderlegbarer Beweis dafür, dass die deutsch-polnische Freundschaft nicht nur möglich, sondern auch beiderseits gewinnbringend, notwendig und für unsere Bürger wohltuend ist. Mehr noch, sie ist auch eine Art moralischer Sieg über die Lasten der Vergangenheit.

Es ist nun unsere Aufgabe, diesen Erfolg dauerhaft zu machen. Die Ausstellung HIOB macht mit den Mitteln der Kultur die Politik einer Ermutigung zur Tat. Wir tragen gegenüber allen Vorgängergenerationen die Verantwortung, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nicht mehr wiederholen. Die heutige Welt stellt uns hierbei vor echte Herausforderungen. Umso mehr müssen wir diese Aufgabe sehr ernst nehmen und mit aller Kraft angehen.

Cornelia Pieper, Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Danzig, 2018

https://www.facebook.com/KonsulatGeneralnyNiemiecwGdansku/videos/otwarcie-wystawy-hiob-gero-hellmutha/2103613133240522/