…Gero Hellmuths künstlerisches Werk ist ein Aufstand gegen das Schweigen der Intellektuellen
in unserer Gesellschaft, Aufstand gegen die materialistische „Kultur“, die uns zu überrollen droht.
Kunst, Poesie, Liebe, Glaube, Hoffnung – alles von ideellem Wert scheint in debilem Geträller
des offensichtlich Hirnlosen zu verkommen.


Angesichts solcher Phänomene muß sich der Künstler beunruhigt fühlen …Auch das Mißlingen
beunruhigt ihn, ihn, der gegen den Strom zur Quelle finden will, um nicht im offenen Meer zu landen.

Nein, nicht immer gelingt etwas. Da ist das Material, das sich der Formung widersetzt.
Eckige Verschweißungen eines harten, scharfkantigen Metalls kosten Anstrengung, Kraft, ohne aber
die Vision aus dem Auge zu verlieren. Holz und Metall, Wärme und Kälte, Weichheit und Härte
werden zusammengestellt, um drastische Unvereinbarkeiten vorzuführen. Und doch: meist – wenn
nicht überall – entdecken wir kleine und kleinste Hoffnungsschimmer in Form von hellen Farben
oder „goldenen Fäden“, die uns wieder zur Hoffnung Anlaß geben. Oder es strebt etwas nach oben –
ja, dort droben wird es sein! Und immer wieder das Kreuz und die Zahl 19 als Symbol für
leidvolle Erfahrungen, die auch auf Tröstung wenn nicht Erlösung hoffen dürfen. Solange sie
nicht da ist, bleibt vieles halbfertig, verwaschen, abgestoßen. Diese Unfertigkeit, die Unklarheiten
und Verwischungen sind gewollt – auch wenn sie dem Zufälligen ausgeliefert sind.

…Das Weiß ist nicht gleichbedeutend mit Leere – sondern das Aufleuchten jener Hoffnung, von
der ich eben sprach. Jeder noch so zaghafte Strich, jede Linie, jeder Fleck ist verwundbar und
kann das ganze Bild zum Einsturz bringen, wenn die bedeutsame Stille gestört wird. Das Grau
wird zur geheimnisvollen Umschreibung unseres Lebens, gleichsam ein metaphysisches
Kaligramm.

…Was bleibt, ist eine Kunst, die anstößig ist, die anstößt und auf wundersame Weise Glocken
zum Klingen bringt. Das Kunstwerk erinnert uns daran, daß der Mensch wichtiger ist als
die Kunst – aber eben sie hilft uns zu leben.

Uttenhofen am Bodensee, 1998